Freimaurer – gelebte Toleranz
Ursprung
Nach alter Überlieferung wurde 1717 die erste Großloge der Freimaurer (englisch Freemasons), in London gegründet. Doch die Freimaurerei selbst reicht um einiges weiter zurück.
Bereits im Mittelalter (12.-15. Jahrhundert) versammelten sich die damaligen Baumeister und Steinmetze in ihren Bauhütten, auch Logen genannt, um ihr Wissen über die Handwerkskunst zu teilen. Eins der ältesten Dokumente ist die Ordnung der Steinmetze aus dem Jahr 1464 zu Strasburg. Schon damals gab es geheime Erkennungszeichen für den Zutritt, denn es sollte kein Fremder das damals noch geheime Wissen über die Baukunst und Statik im Kathedralenbau erlangen.
In damaliger Zeit waren die Baumeister der Kethedralen sehr gefragt und damit eine der ersten Berufssparten, die in unterschiedlichste Länder reisten und eine länderübergreifende Zunft bildeten. Und so ist die Freimaurerei auch heute noch ein weltweiter Bund.
Als der Bau von Kathedralen irgendwann weniger wurde, verlagerte sich die Tätigkeit in den Bauhütten von der praktischen Planung der Bauten hin zu geistiger Arbeit in den Bereichen Kunst und Kultur. In diesen geschützten Räumen konnten Gedanken frei geäußert werden und es wurden nach und nach auch einzelne „Nicht-Handwerker“ in die Bauhütten aufgenommen. Mit dem Einsetzen der Aufklärung gewannen die Logen mehr und mehr an Bedeutung.
In Deutschland wurde die erste Loge 1737 in Hamburg gegründet, die Osnabrücker Freimaurerloge wurde 1807 gegründet.
Die Grundwerte der Freimaurerei sind Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit, Toleranz und Humanität.
Vorurteile
Vorurteile gibt es in vielen Lebensbereichen – gegen LGBTQIAP+, Ausländer, die Freimaurer und viele andere Gruppen. Diese resultieren häufig aus Unwissenheit, Angst vor Unbekanntem oder weil sich bestehende Machtgefüge in Gefahr sehen.
Im Laufe der über 300 jährigen Geschichte der Freimaurerei war es häufig der zuletzt genannte Punkt.
In der Zeit der Aufklärung lehnten sich die Menschen gegen die damals bestehenden Machtstrukturen auf und standen für mehr persönliche Handlungsfreiheit (Emanzipation), Bildung, Bürgerrechte, allgemeine Menschenrechte, das Gemeinwohl sowie die Frauenrechte ein. Doch wer dies zu Beginn der Aufklärung öffentlich tat, lebt gefährlich. Daher fanden die Treffen der „Kinder der Aufklärung“ im Geheimen statt. Die Logen boten hierzu die perfekten Orte.
Die nächste Welle der Vorurteile entstand in der Zeit des Nationalsozialismus, denn wer könnte Diktatoren „gefährlicher“ werden als frei denkende Menschen, die für Toleranz und Humanität einstehen – und so sind auch heute noch in vielen autokratischen Staaten die Freimaurer nicht gerne gesehen oder sogar verboten.
Die durch die Machthaber immer wiederkehrend postulierten Vorwürfe, Vorurteile und Ablehnung frei denkender Menschen haben sich über viele Generationen bis heute in den Köpfen der Menschen und im Volksaberglauben festgesetzt.
Freimaurerei – keine reine Männersache
Was passiert in einer Freimaurerloge?
Oder um es auf den Punkt zu bringen:
Die Logen sind der Ort zum üben – das Rest des Lebens ist die Zeit der Anwendung des erlernten.
Gelebte Toleranz
Wie schreibt Dan Brown in seinem Buch „Das verlorene Symbol“? Kap.23 „Die gesamte freimaurerische Philosophie beruht auf Ehrlichkeit und Integrität. Freimaurer gehören zu den vertrauenswürdigsten Menschen, denen Sie begegnen können.„.
Natürlich ist niemand perfekt – aber weltweit sind die Freimaurer*innen durch stetige Selbstreflexion ernsthaft bemüht diese Werte im täglichen Miteinander mit anderen Menschen zu leben, um Menschen miteinander zu verbinden und eine Welt der Humanität und Toleranz zu fördern.
Ist das Kunst oder kann das weg?
Man sollte meinen, dass die Menschheit sich in den letzten 300 Jahren weiterentwickelt hat – und das hat sie auch.
Aber noch heute gibt es Länder in denen Frauen nicht wählen oder autofahren dürfen, systematisch unterdrückt werden und Humanität ein Fremdwort ist.
Die LGBTQIAP+ Gemeinschaft ist in vielen Ländern verboten und ist auch bei uns regelmäßig Vorurteilen, Spott und Hetze ausgesetzt.
Immer wieder kommt es zu einem politischen Ruck nach Rechts, der Intoleranz und Ablehnung wieder aufflammen lässt.
Diese wenigen Beispiele genügen um zu zeigen, dass es nach wie vor Menschen bedarf, die jeden Tag für Werte wie Toleranz, Humanität und Freiheit einstehen.
Ist es Kunst? Vielleicht
Kann das weg? Ganz offensichtlich: Nein, denn der „Bau“ scheint noch lange nicht abgeschlossen zu sein.
Das Glück der Menschheit zu vermehren,
Für sie zu wirken, nie zu ruhn,
Und wenn sie auch nicht dankbar wären,
Den Menschen dennoch wohl zu tun
(Freimaurer-Vers, ca. 1770)